GOBD 2.0

Neuer Entwurf der GoBD

Im Oktober 2018 hat das BMF den Entwurf zur Neufassung der “Grundsätze zur Ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff” (GoBD) aus dem Jahre 2014 verschiedenen Institutionen zur Kommentierung übersendet.

Die grundsätzlichen Eckpfeiler der GoBD, insbesondere die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit von Buchführungsverfahren, sind unverändert. Änderungen haben sich in einigen Bereichen auf Grund des technischen Fortschritts oder von fachlichen Diskussionen mit den Steuerbehörden in den letzten Jahren ergeben.

Die nachfolgenden Ausführungen beleuchten die wesentlichen Änderungen in den GoBD vor dem Hintergrund der bestehenden handelsrechtlichen Regelungen. Zu speziellen steuerrechtlichen Interpretationen sei auf den Artikel von

Stefan Groß, GoBD 2.0 – Kommentierung der geplanten Neufassung vom 29.10.2018

verwiesen.

Elektronische Aufbewahrung von Handelsbriefen und Belegen

Dem technischen Fortschritt folgend lassen die GoBD nunmehr explizit auch das Erfassen von Handels- und Geschäftsbriefen durch das Fotografieren mit einem Smartphone zu. Dies gilt abweichend von der bisherigen Rechtslage auch für die Erfassung von Unterlagen im Ausland, wenn die Belege im Ausland entstanden sind und dort direkt erfasst wurden. Dies erleichtert z.B. die Erfassung von Reisekostenbelegen (Parkbelege, Restaurantrechnungen) bei Dienstreisen, da das mit dem Smartphone erzeugte Image steuerlich anerkannt wird. Handelsrechtlich dürfte dies bereits heute gängige Praxis sein, da der RS FAIT 3 nicht zwischen unterschiedlichen Technologien zur Erzeugung aufbewahrungspflichtiger Dokumente (Images) differenziert.

Umwandlung aufbewahrungspflichtiger Unterlagen in das Inhouse-Format

Bisher verlangen die GoBD bei der Umwandlung von aufbewahrungspflichtigen Unterlagen in ein sogenanntes Inhouse-Format (z.B. Umwandlung einer erhaltenen E-Mail in das Archivformat PDF/A) die Aufbewahrung des Urspungsdokuments (also der E-Mail) und des umgewandelten Dokuments (hier PDF/A). Diese steuerliche Anforderung ging schon in der Vergangenheit über die im Rechungslegungsstandard RS FAIT 3 des IDW formulierten Anforderungen hinaus, die nur eine Aufbewahrung des umgewandelten Dokuments vorsah. Der Kritik der Praxis hat die Steuerverwaltung nun Rechnung getragen und die alleinige Aufbewahrung des konvertierten Dokuments unter der Voraussetzung zugelassen, dass

  • keine bildliche oder inhaltliche Veränderung vorgenommen wurde,
  • bei der Konvertierung keine sonstigen aufbewahrungspflichtigen Informationen verloren gehen ,
  • die ordnungsgemäße und verlustfreie Konvertierung in einer Verfahrensdokumentation beschrieben wird und
  • die maschinelle Auswertbarkeit und der Datenzugriff durch die Finanzbehörden nicht eingeschränkt wird.

Bei Einhaltung dieser Anforderungen an die Integrität und Dokumentation des Konvertierungsverfahrens ist der Verzicht auf die Aufbewahrung des Urspungsdokuments eine erhebliche Erleichterung.

Änderungshistorie für Verfahrensdokumentation

Tz 154 der GoBD fordern künftig explizit, dass Änderungen an einer Verfahrensdokumentation historisch nachvollziehbar sein muss. Die Aufbewahrungsfrist bzw. die Historisierung richtet sich dabei nach den Aufbewahrungsfristen der Unterlagen. Dies bedeutet z,B in der Praxis, dass Systeme, die Kreditakten einer Bank speichern, die Aufbewahrung der Verfahrensdokumentation sowie die Historisierung von Änderungen bis 10 Jahre nach Ende der Kreditlaufzeit sicherstellen müssen.

Eine fehlende oder diesen Ansprüchen nicht genügende Verfahrensdokumentation führt allerdings nach Tz. 155 nicht zu einem formellen Mangel, der ggf zu einem Verwerfen der Buchführung führen könnte, sofern die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Buchführung nicht beeinträchtigt ist.

Weder in IDW RS FAIT 1 noch in IDW PS 330 ist die Historisierung der Verfahrensdokumentation explizit geregelt. Allerdings ergibt sich die Aufbewahrung der verschiedenen Versionen einer Verfahrensdokumentation aus der Anforderung, stets eine vollständige und aktuelle Dokumentation des Verarbeitungsverfahrens vorzuhalten.

Die Problematik der Versionsführung von Dokumenten ist in der IT seit Jahrzehnten bekannt und wird auf unterschiedliche Weise gelöst. In der Praxis haben sich verschiedene organisatorische und technische Verfahren für eine Versionsführung der Verfahrensdokumentation bewährt:

  • Kommentierung von Erweiterungen und Veränderungen im jeweiligen Dokument. Nachteil ist, dass die Dokumente im Laufe der Zeit schnell unübersichtlich werden und die zeitliche Gültigkeit einer Dokumentenversion nur noch schwierig bestimmt werden kann.
  • Führung von Versionen auf Basis des gesamten Dokuments. Bei der Versionsführung von Dokumenten etwa in einem Dokumentenmanagementsystem ist die zeitliche Gültigkeit eines Dokuments eindeutig bestimmbar. Allerdings sind die Änderungen nur über einen Vergleich auf Dateiebene zwischen den Dokumenten lokalisierbar; hierfür sind ggf. neben dem Dokumentenmanagementsystem separate Tools und Werkzeuge vorzuhalten, die über die Aufbewahrungsfrist der Verfahrensdokumentation zur Verfügung stehen müssen.

Die explizite steuerliche Forderung nach Versionierung der Verfahrensdokumentation muss in der Konsequenz auch dazu führen, dass Anbieter von Standard-Software ihren Kunden eine entsprechend versionierte Dokumentation zur Verfügung stellen. Zudem wird sich in der Praxis herausstellen, wie insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, deren IT im wesentlichen durch Standardsoftware geprägt ist, den Nachweis einer Versionierung der Verfahrensdokumentation ihres Softwareanbieters erbringen können.

Weitere Änderungen

Weitere Änderungen betreffen

  • die Zulässigkeit der Digitalisierung von Unterlagen im Ausland bei einer genehmigten Verlagerung der Buchführung
  • den Einbezug von Cloud Systemen in die GoBD

Offene Punkte

Einige Kritikpunkte der Praxis an den GoBD hat auch der Entwurf der neuen GoBD nicht aufgegriffen. Die betrifft im wesentlichen die Aufrechterhaltung der maschinellen Auswertbarkeit im Falle von Systemwechseln einschließlich Auslagerung. Dem Einwand der Praxis, dass ein unmittelbarer Datenzugriff (sogenannter Z1-Zugriff) auf die migrierten Daten vielfach nicht durch das neue System, sondern nur durch das Vorhalten der alten Hardware und Software über die Dauer der Aufbewahrungsfrist gewährleistet werden kann, ist die Steuerverwaltung nicht gefolgt. Dieser Umstand stellt die Praxis weiterhin vor große Herausforderungen. Im Extremfall kann es dazu führen, dass ein Unternehmen nach Migration und Auslagerung der Buchführung auf einen Dienstleister die eigenen Systeme für weitere 10 Jahre betriebsbereit vorhalten muss.

Handelsrechtlich ist es nach gängiger Praxis ausreichend, das Überleitungsverfahren sowie die in diesem Zusammenhang vorgenommenen Kontrollhandlungen zu dokumentieren, um die vollständige und richtige Überleitung der Daten aus dem alten in das neue IT-System nachzuweisen.

Fazit

Erfreulich ist insgesamt die Angleichung der GoBD an den technischen Fortschritt, insbesondere bei der Erfassung aufbewahrungspflichtigem Schriftgut durch Abfotografieren von Belegen, und die Anpassung der bisher geltenden steuerlichen Besonderheiten an handelsrechtliche Usancen bei der Konvertierung von eingegangenen elektronischen Dokumenten an das für die Archivierung verwendet sogenannte Inhouse-Format.

Ob und wieweit sich das Spannungsfeld zwischen der Historisierung der Verfahrensdokumentation und einem Verzicht auf Verwerfen der Buchführung trotz fehlender oder unzureichender Verfahrensdokumentation in der Praxis auswirkt, muss die Zukunft zeigen. Die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Buchführung wird aber bei den heutigen integrierten ERP-Systemen nun in den seltensten Fällen und auch nur in kleinen und wenig komplexen Buchführungsverfahren allein auf der Basis der Aufzeichnungen der Geschäftsvorfällen in (elektronisch geführten) Grundbüchern und Konten möglich sein.

Erkennbar ist, dass für die Finanzverwaltung der unmittelbare Zugriff auf die Daten des Steuerpflichtigen weiter eine sehr hohe Priorität hat. Dies mag den Verzicht auf Erleichterungen bei der Auslagerung von Daten aus Produktivsysteme und bei Systemwechseln erklären.


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